Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung
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Pater Hans Vöcking zu Gast beim Diözesantreffen des KKV

Annäherung jenseits von Politparolen

Gronau - Der Islam stellt Politik und Gesellschaft vor neue Fragen – namentlich Vertreter der christlichen Religionen. Bei der Mitgliederver­sammlung des KKV-Diözesanverbands sprach der aus Gronau stammende Ordensmann und Islamwissenschafter Hans Vöcking über die Herausforderungen, vor die der Islam Gesellschaft und Kirche in Deutschland stellt.

Von Christiane Nitsche

Pater Hans Vöcking auf der KKV-Mitgliederversammlung

„Man redet immer von ‚der Islam‘, aber ‚den Islam‘ gibt es nicht“, stellte Vöcking fest. „Man kann immer nur von islamischen Lehren sprechen.“ Wer es mit Muslimen zu tun habe, müsse immer fragen: „Zu welcher Moschee, zu welcher Bruderschaft, zu welcher Rechtslehre gehörst du?“
Pater Hans Vöcking ist Mitglied des Ordens „Weiße Väter“ und war 25 Jahre lang im Rat der Europäischen Bischofskonferenzen zuständig für den christlich-islamischen Dialog in Europa. Über 20 Jahre leitete er die von ihm aufgebaute Christlich-Islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz in Frankfurt.
Im Unterschied zum Islam sei das Christentum ohne Philosophie nicht denkbar, erläuterte Vöcking. „Das brauchen Muslime nicht, denn Gott hat sich ihnen nicht offenbart“, erklärte Vöcking. „Er ist der Fremde geblieben, hat nur seinen Willen kundgetan.“ Und da gebe es unterschiedliche Interpretationen und Auslegungen des Korans.

Während es in der Historie regen Austausch zwischen Christentum und Islam gegeben habe, sei dieser in der Renaissance zusammengebrochen. „Ob wir wollen oder nicht, wir denken immer in Kategorien der Aufklärung“, sagte Vöcking. „Das tut ein Muslim nicht.“ Daher sei die Formulierung, der Islam gehöre zu Deutschland „diskutabel“. Wohl aber gehörten die Muslime zu Deutschland, stellte der 76-Jährige fest. „Das ist Fakt.“
Selbst in der laizistischen Gesellschaft der modernen Bundesrepublik sei das Christentum präsent, erklärte Vöcking. „Wir sind alle auf einem gemeinsamen kulturellen Boden gewachsen“, sagte er. „Auch ein Atheist kann die christliche Prägung nicht verleugnen.“ Erkennbar sei das etwa an Weihnachten und Ostern.
Für Muslime in Deutschland seien die Herausforderungen viel größer. „Wir sind die Mehrheitsgesellschaft“, so Vöcking, „aber die kommen mit einem Gepäck, das über 1000 Jahre entwickelt worden ist.“ So habe die arabisch-islamische Kultur während des europäischen Mittelalters eine „glorreiche Zeit“ erlebt.
„Jetzt ein gemeinsames Niveau zu schaffen, das ist die Herausforderung unserer Zeit“, stellte Vöcking fest. „Diesen Prozess kann man nicht durch politische Parolen lancieren.“ Vor allem die Kommunen hätten die Hauptaufgabe der Integration zu bewältigen. Vöcking: „Denen muss geholfen werden.“

Quelle: Westfälische Nachrichten, Internetausgabe vom 24.5.2016, Foto: Christiane Nitsche
URL: http://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Borken/Gronau/2383790-Vortrag-von-Pater-Hans-Voecking-Annaeherung-jenseits-von-Politparolen