Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung
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Antisemitismus ist Sünde

Logo_ZDKNie wieder dürfen wir Judenfeindschaft zulassen

Zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz am 27. Januar 2020 erklären der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, und der Leiter und die Leiterin des Gesprächskreises „Juden und Christen“ beim ZdK, Rabbiner Andreas Nachama und Dagmar Mensink:

Heute vor 75 Jahren wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von der Roten Armee befreit.
Der Name „Auschwitz“ steht für die Menschheitsverbrechen der Nationalsozialisten, insbesondere für die millionenfache systematische Ermordung der europäischen Juden. Deshalb ist seit 1996 in Deutschland der 27. Januar der Tag, an dem wir der Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns und der Millionen Menschen gedenken, die durch das nationalsozialistische Regime entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden.

Derzeit erleben wir, wie rechte Kräfte die NS-Zeit kleinreden und relativieren. Dem widersprechen wir mit aller Entschiedenheit. Natürlich können und dürfen wir über die richtige Form der Erinnerung streiten. Hier stellt jede Generation ihre eigenen Fragen, bringt sich mit ihren Perspektiven und mit ihren Ideen ein. Aber die Grundlage für die Debatten muss klar sein: Die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns und der Schoa haben ein Recht darauf, dass ihr Leid erinnert und ihr Andenken bewahrt wird. Wer das bestreitet, gibt sie dem Vergessen preis und tritt ihre Würde erneut mit Füßen. Auch können wir in Deutschland und in Europa nicht von der historischen Erfahrung absehen, dass ein demokratischer Rechtsstaat binnen kurzem in eine mörderische Diktatur umschlagen kann, wenn er für eine menschenverachtende Ideologie missbraucht wird. Deshalb kann es auch keinen Schlussstrich geben.

Die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialisten muss uns vielmehr sensibel und wachsam machen für die Verletzung demokratischer Grund- und Freiheitsrechte. Als Deutsche wie als Katholikinnen und Katholiken, Juden und Jüdinnen müssen wir klar die Stimme gegen alle Formen von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus erheben und für die gleiche Würde aller Menschen eintreten.

Lange hat es gedauert, bis die katholische Kirche anerkannt hat, dass die jahrhundertealte christliche Judenfeindschaft dem völkischen Antisemitismus der Nationalsozialisten den Boden bereitet hat. Mit Respekt haben wir deshalb wahrgenommen, dass der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, anlässlich des heutigen Gedenktages noch einmal klar aussprechen, dass auch Verantwortliche der Kirche oft mit dem Rücken zu den Opfern standen und dass der tief auch in den Kirchen verwurzelte Judenhass früherer Zeiten den Judenhass der Moderne genährt habe. Ausdrücklich fordern sie, die Kirchen in Deutschland müssten sich dieser Schuldgeschichte und diesem Schulderbe stellen.

Die Kirchen haben nach 1945 ihr Verhältnis zum Judentum neu bestimmt. Doch es reicht nicht, dies nur als Programm zu formulieren. In der christlichen Predigt, in der Liturgie, in Kinderbibeln wie in der Schule und in der theologischen Ausbildung muss vermittelt und erfahrbar werden, dass Juden und Christen im Glauben an den Einen Gott miteinander verbunden sind und für eine gerechtere Welt zusammenarbeiten.

Antisemitismus ist eine Sünde gegen Gott und gegen die Menschheit. Im Bewusstsein der christlichen Schuldgeschichte und in der bleibenden Verantwortung vor den Opfern der Schoa wird das Zentralkomitee der deutschen Katholiken weiter mit aller Kraft antijüdische Vorurteile bekämpfen und eine vertiefte Kenntnis des Judentums und seiner reichen Geschichte und Tradition in Kirche und Gesellschaft fördern.

Pressemitteilung vom 27.01.2020