Anti-AfD-Demo „größte in Münsters Geschichte“ – Kirche mittendrinMehr als 30.000 Menschen demonstrieren gegen Rechts 16. Februar 2024. In Münster hat am Freitag die AfD ihren Neujahrsemfang im Rathaus begangen. Draußen, auf dem Prinzipalmarkt und dem Domplatz, demonstrierten mehr als 30.000 Menschen dagegen. Ein Bericht über Regen, zu wenig Kerzen und Kirchen-Präsenz. Es begann mit fiesem Nieselregen: Am Freitagmittag fuhren zahlreiche Mannschaftswagen der Polizei in der Innenstadt vor, Stahlzäune wurden aufgebaut und erste Menschen versammelten sich im Trockenen – in der Überwasserkirche. Stadtdekanat und evangelische Kirche hatte zum ökumenischen Gebet vor den Protesten gegen den AfD-Neujahrsempfang aufgerufen. Münsters Stadtdechant Ulrich Messing, der in einem Pressegespräch zu der Veranstaltung eingeladen hatte, war wegen einer familiären Verpflichtung verhindert, wie Kirche+Leben auf Nachfrage erfuhr. Ihn vertrat sein Stellvertreter Domkapitular André Sühling. Offizielle des Bistums waren beim Gebet oder Protest in der Innenstadt öffentlich nicht in Erscheinung getreten. In der Überwasserkirche hatten sich unterdessen rund 600 Menschen eingefunden. Die Bänke im Kirchenschiff reichten längst nicht aus – viele Menschen versammelten sich auch in den Gängen. Der katholische Priester Detlef Ziegler sandte eine deutliche Botschaft in Richtung AfD und Rechtsextreme: „Die Alternative für Deutschland – sie sind der Totengräber einer säkularen und christlichen Humanität. Und sie verdienen nur eins: Unseren friedfertigen, aber auch entschiedenen und energischen Widerstand. Nie wieder! - Das ist jetzt!“ Sein Statement erhielt lang anhaltenden Applaus. Neben der Gemeinde verfolgten aber auch drei TV-Kamerateams den Gottesdienst – der Medienandrang war groß. Friedenslichter reichen nicht aus Zum Ende des Friedensgebets erhielten die Besucher ein Licht mit für den Weg zur Demo – die Veranstalter hatten zur anschließenden Teilnahme auf dem Prinzipalmarkt und Domplatz aufgerufen. Das Problem: Die Kirchen hatten nur 300 Kerzen vorgehalten – viel zu wenig für die anwesenden Menschen. Vor der Überwasserkirche strömten da bereits zahlreiche Demonstrierende Richtung Prinzipalmarkt. Darunter auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) im Bistum Münster. Sie hatte wie viele andere katholische Verbände, etwa der BDKJ und der Diözesancaritasverband, ihre Mitglieder zur Teilnahme am Protest gegen den AfD-Neujahrsempfang aufgerufen. „Frauen für Demokratie und Menschenwürde“, stand beispielsweise auf den selbstgebauten Plakaten der Frauengruppe. Bistum Münster verteilt Demo-Schilder Wer kein Schild dabeihatte, für die hatten Mitarbeitende des Bistums Münster welche gebaut. Vor dem Domplatz verteilten sie die Transparente an Teilnehmende der Anti-AfD-Demo. Noch vor dem eigentlichen Start der Großkundgebung sperrte die Polizei Zugänge zum Prinzipalmarkt und damit zum Rathaus, in dem der AfD-Empfang stattfinden sollte – der Platz vor der Bühne in „Münsters Wohnzimmer“ voll. Reingeschafft hatte es aber noch eine Gruppe der Pfadfinder. Die Leiter der DPSG Münster-Gremmendorf, hatten Mitglieder des Stammes nach Münster gebracht. „Pfadfinder stehen für Vielfalt und Inklusion. Wir haben uns in unserem Stamm einfach gedacht, dass es eine gute Möglichkeit ist, uns hier heute für diese Werte einzusetzen“, erklärt Pfadfinderleiterin Patty. Größtenteils seien die Kleineren der Gruppe auch schon Demo-erfahren, trotzdem seien sicherheitshalber einige Eltern mitgekommen – auch um selbst ein Zeichen zu setzen, so die 26-Jährige. KFD und BDKJ auf der Bühne Sie verfolgten wie viele andere die Reden in der Innenstadt, bei der auch Vertreter:innen der katholischen Jugendverbände und der KFD auf der Bühne standen. Viele Menschen verfolgten auch auf dem Domplatz auf einer Videoleinwand die Veranstaltung. Zum Start war der Platz bereits zur Hälfte gefüllt. Tage zuvor hatte es im Bündnis der Veranstalter „Keinen Meter den Nazis“ wohl heftig geknirscht CDU und FDP, auch Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe durften nicht sprechen. Das hielt die Menschen offenbar trotzdem kaum davon ab, zur Demo zu gehen. So auch die Pfadfinder aus Gremmendorf: „Ich habe davon ehrlich gesagt erst heute Morgen erfahren. Ich fand das für mich aber irrelevant. Mir ist wichtig, dass wir hier heute unser Zeichen gegen Rechts setzen“, so Pfadfinderleiterin Patty. „Größte Demo in der Geschichte Münsters“ Zwischenzeitlich meldete die Stadt: „Das ist die größte Demo in der Geschichte von Münster.“ Gegen 19 Uhr verließen die ersten Teilnehmenden die Veranstaltung. Auch für die Kleineren der DPSG Gremmendorf ging es zum Bus. „Denen hat es glaube ich viel Spaß gemacht, aber die sind ja auch schon Demo-Erfahren.“ Für die nächste Demo kündigt Pfadfinderin Patty an: „Wir sind auf jeden Fall wieder mit dabei.“ Autoren: Paul Hintzke, Markus Nolte ("Kirche und Leben") |